Systembeitrag von Biomasse
"Ein kluger Einsatz der begrenzen Biomasseressourcen für Materialien und Energie ist die Voraussetzung, um die anstehende Energie- und Rohstoffwende hin zu einer schnellen Klimaneutralität nachhaltig und kreislauforientiert zu gestalten"
Dr. René Backes, Leiter des Forschungsschwerpunkts
Zielstellung
Mit dem Forschungsschwerpunkt soll ein Beitrag zur Erarbeitung nachhaltiger Bioökonomiestrategien auf nationaler und internationaler Ebene geleistet werden. Unser Schwerpunkt liegt auf der Entwicklung und Erprobung von Entscheidungsgrundlagen für die Erschließung der nachhaltigen, kreislauforientierten Nutzungsoptionen für Materialen und Energie.
Dazu bestimmen und bewerten wir die Biomassepotenziale zur Herstellung von Materialen und Energie. Für ihren Einsatz entwickeln wir Methoden und Indikatoren, die die Effizienz und Nachhaltigkeit des Biomasseeinsatzes in unterschiedlichen Anwendungsfeldern aus ökonomischer, ökologischer und technischer Sicht beschreiben und leiten Handlungsempfehlungen und Politikinstrumente, wie zum Beispiel Zertifizierungssysteme, ab. In konkreten Beispielregionen erproben wir die Möglichkeiten der Ressourcenmobilisierung und den Aufbau nachhaltiger Wertschöpfungsketten. Mit transparenten und frei zugänglichen Datensystemen sowie Netzwerke und Plattformen ermöglichen wir unterschiedlichen Entscheidungsträgern Informationszugang und Informationsaustausch.
Hintergrund
Die künftige Biomassenutzung muss zahlreichen Ansprüchen gerecht werden. Dazu gehören Ernährungssicherung, Versorgungssicherheit im Mix mit anderen Erneuerbaren Energien, aber auch innovative Produkte und Märkte im Rahmen der Bioökonomie sowie Klima- und Umweltschutz und nicht zuletzt die Entwicklung ländlicher Räume. Dies stellt eine große Herausforderung in der Umsetzung dar. Weil gleichzeitig die Potenziale der Biomasse begrenzt sind, ergeben sich Zielkonflikte und Grenzen der Biomassenutzung. Um Biomasse im Rahmen einer nachhaltigen, kreislauforientierten Bioökonomie klug einzusetzen, müssen verschiedene Dimensionen der Nachhaltigkeit betrachtet und möglichst so operationalisiert werden, dass die anstehenden Entscheidungen im Rahmen der Energie- und Rohstoffwende hin zu netto null Versorgungssystemen bis zur Mitte des Jahrhundert unterstützt werden können.
Aktuelles
Das Aufkommen und die Verfügbarkeit von biogenen Ressourcen ist eine entscheidende Grundlage für die Bewertung von Chancen und Risiken der bestehenden und potenziellen Nutzung. Die Arbeitsgruppe Ressourcenmobilisierung entwickelt, implementiert und betreibt daher Rohstoffmonitoringsysteme für über 100 Rohstoffe aus zahlreichen Sektoren. Das Wissen und die Ergebnisse werden mit Unterstützung des Datenlabors in Online-Tools zur freien Nutzung zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus werden Strategien entwickelt, mit denen die Motivation verschiedener Stake- und Shareholder erfasst und interpretiert werden können. Aus den Ergebnissen der Forschungs- und Beratungsprojekte werden Empfehlungen abgeleitet, welche Rohstoffe, in welchen Regionen eine wichtige Rolle spielen und mit welchen Akteursgruppen weiterführende Optimierungs- und Mobilisierungsstrategien umgesetzt werden können.
Die Nutzung von Biomasse für Materialen und Energie bietet zwar große Chancen für die dringend notwendige Energie- und Rohstoffwende, ist jedoch nicht automatisch nachhaltig. Die Arbeitsgruppe Angewandte Nachhaltigkeitsbewertung bietet verschiedene Methoden und Tools zur Bewertungen von etablierten und neuen Prozessen, Konzepten und Produkten der Bioökonomie und forscht an neuen Ansätzen um den Bewertungsrahmen kontinuierlich zu erweitern und, beispielsweise mit Nachhaltigkeitszertifizierungssystemen abzusichern. Das Systemwissen um die Stärken und Schwächen verschiedener Nutzungsoptionen findet zudem zunehmend Eingang in strategische Analysen und Empfehlungen für die Etablierung einer nachhaltigen Bioökonomie, sowohl in wissenschaftlichen Arbeiten als auch in der Politikberatung.
Die begrenzte Biomasse so zu integrieren, dass sie einen größtmöglichen Systemnutzen liefert, ist die Voraussetzung für eine nachhaltige Energie- und Rohstoffwende. Unsere Vision ist es durch unsere Analyse- und Bewertungskonzepte einen Beitrag zu der zielgerichteten und systemdienlichen Integration von Biomasse in Material- und Energiekreisläufe zu leisten. Wir unterstützen dies mit der Weiterentwicklung des smart Bioenergy Ansatzes, mit der Sammlung von best practices und mit den Synergien von Bioenergie mit weiteren energie- und klimapolitischen Elementen wie Wasserstoff und Kohlenstoffentnahme aus der Atmosphäre. Aktuell erarbeiten wir dazu 1) ein Monitoring der Systemintegration von Biomasse, u.a. Integrationsindikatoren und dessen Bewertungen, Synergien, Nutzungskonkurrenzen sowie Geschäftskonzepte und 2) langfristige Szenarien und Transformationpfade.
Das Datenlabor ermöglicht den Forschenden des DBFZ modernste Methodiken der Informationstechnologie und Datenwissenschaft für ihre Projekte mühelos und gewinnbringend einzusetzen. Zu den aktuellen Zielen des Datenlabors gehört einerseits die Forschungsdaten nach den FAIR-Prinzipien verfügbar und nachhaltig nutzbar zu machen; Andererseits wird hier eine Expertengruppe aufgebaut, die anwendungsorientierte Datenwissenschaft "Data Science" hinweg über alle Forschungsbereiche betriebt, von "AI" (engl. für künstliche Intelligenz) bis Visualisierung.
Wichtige Referenzprojekte (Auswahl)
- acatech - Energiesysteme der Zukunft (ESYS): Biomasse im Spannungsfeld zwischen Energie- und Klimapolitik: Strategien für eine nachhaltige Bioenergienutzung, Bundesministerium für Bildung und Forschung, 01.09.2017 - 31.08.2018
- OpenGeoEdu – Offene Daten für Lehre und Forschung in raumbezogenen Studiengängen; Teilvorhaben e-Learning: Räumliche Verteilung von biogenen Ressourcen, Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur/VdI/VDE/IT + TÜV Rheinland, 01.05.2017 - 30.04.2020 (FKZ: 19S2007D)
- MethBos2 – Bioenergy Component - Advisory for biomass potential map development in Bosnia and Herzegovina, GIZ, 05.09.2017 - 30.08.2018
- MoBiFuels - Analyse und Beseitigung von Markthemmnissen von technisch-modifizierten Bioenergieträgern, Bundesministerium für Wirtschaft und Energie/Projektträger Jülich, 01.11.2018-31.10.2021 (FKZ: 03KB136A)
- TATBIO – Technoökonomische Analyse und Transformationspfade des energetischen Biomassepotentials, Bundesministerium für Wirtschaft und Energie/Projektträger Jülich, 10.10.2017 - 31.01.2019 (FKZ: 03MAP362
Wichtige Veröffentlichungen (Auswahl)
- Thrän, D.; Lauer, M.; Dotzauer, M.; Kalcher, J.; Oehmichen, K.; Majer, S.; Millinger, M.; Jordan, M. Technoökonomische Analyse und Transformationspfade des energetischen Biomassepotentials (TATBIO): Endbericht zu FKZ 03MAP362 (2019). Leipzig: DBFZ.
- Dotzauer, M.; Oehmichen, K.; Thrän, D.; Weber, C. (2022). "Empirical greenhouse gas assessment for flexible bioenergy in interaction with the German power sector". Renewable Energy, Vol. 181, Nr. 3. S. 1100–1109. DOI: 10.1016/j.renene.2021.09.094. https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0960148121014191?via%3Dihub
- Dotzauer, M.; Pfeiffer, D.; Lauer, M.; Pohl, M.; Mauky, E.; Bär, K.; Sonnleitner, M.; Zörner, W.; Hudde, J.; Schwarz, B.; Faßauer, B.; Dahmen, M.; Rieke, C.; Herbert, J.; Thrän, D. (2019). "How to measure flexibility: performance indicators for demand driven power generation from biogas plants". Renewable Energy (ISSN: 0960-1481), H. 134. S. 135-146. DOI: 10.1016/j.renene.2018.10.021.
- Schmid, C., Hahn, A., (2021): Potential CO2 utilisation in Germany: An analysis of theoretical CO2 demand by 2030. J. CO2 Util. 50 , art. 101580
- Szarka, N., Haufe, H., Lange, N., Schier, F., Weimar, H., Banse, M., Sturm, V., Dammer, L., Piotrowski, S., Thrän, D., (2021): Biomass flow in bioeconomy: Overview for Germany
Renew. Sust. Energ. Rev. 150 , art. 111449 - All in One: A Comprehensive Goal and Indicator System for Smart Bioenergy - Szarka - 2020 - Chemical Engineering & Technology - Wiley Online Library
- Brosowski, A., Bill, R., Thrän, D., (2020): Temporal and spatial availability of cereal straw in Germany—Case study: Biomethane for the transport sector. Energy Sustain. Soc. 10 , art. 42
- Brosowski, A., Krause, T., Mantau, U., Mahro, B., Noke, A., Richter, F., Raussen, T., Bischof, R., Hering, T., Blanke, C., Müller, P., Thrän, D., (2019): How to measure the impact of biogenic residues, wastes and by-products: Development of a national resource monitoring based on the example of Germany. Biomass Bioenerg.127 , art. 105275
- Moosmann, D., Majer, S., Ugarte, S., Ladu, L., Wurster, S., Thrän, D., (2020):
Strengths and gaps of the EU frameworks for the sustainability assessment of bio-based products and bioenergy. Energy Sustain. Soc. 10 , art. 22 - Thrän, D., Bauschmann, M., Dahmen, N., Erlach, B., Heinbach, K., Hirschl, B., Hildebrand, J., Rau, I., Majer, S., Oehmichen, K., Schweizer-Ries, P., Hennig, C., (2020):
Bioenergy beyond the German “Energiewende”–Assessment framework for integrated bioenergy strategies. Biomass Bioenerg. 142 , art. 105769 - Thrän, D., Moesenfechtel, U., (Hrsg.) Das System Bioökonomie, Springer Spektrum, Berlin, Heidelberg, S. 311 – 319
- Pfeiffer, D., Thrän, D., (2018): One century of bioenergy in Germany: wildcard and advanced technology. Chem. Ing. Tech.90 (11), 1676 – 1698
- Oehmichen, K., Thrän, D., (2017): Fostering renewable energy provision from manure in Germany – Where to implement GHG emission reduction incentives, Energy Policy 110, 471 - 477
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