Monitoring: Entwicklung der Bioökonomie in Ostdeutschland



Die Bioökonomie hat das Potenzial, den Strukturwandel im Lausitzer und Mitteldeutschen Revier zu unterstützen und Beiträge zu einer nachhaltigen Entwicklung zu liefern. Doch welche volkswirtschaftliche Bedeutung kommt der biobasierten Wirtschaft zu? Wie entwickelt sich die Wirtschaftsform in den Regionen Mitteldeutschland und Lausitz? Solche Fragen lassen sich beantworten, wenn eine systematische Betrachtung der biobasierten Wirtschaft erfolgt. Ergebnisse hierzu zu liefern, ist Ziel des „regionalisierten Monitorings“, das sich am „nationalen Monitoring“ orientiert.

Im direkten Vergleich der Reviere zeigt sich, dass die volkswirtschaftliche Bedeutung der biobasierten Wirtschaft in Sachsen-Anhalt und dem Mitteldeutschen Revier groß ist. Insgesamt wird deutlich, dass die biobasierte Wirtschaft im Vergleich zur Bundesrepublik in allen Untersuchungsregionen von großer Bedeutung ist. Das lässt auf eine starke bioökonomische Basis in den Revieren schließen und untermauert ihre Eignung für die Entwicklung von Modellregionen der Bioökonomie.

Welche Bedeutung der Bioökonomie in den Revieren zukommt

Unser Monitoring ist der Frage nachgegangen, welche volkswirtschaftliche Bedeutung der biobasierten Wirtschaft zukommt. Wie entwickelt sich die Wirtschaftsform Bioökonomie in den Regionen Mitteldeutschland und Lausitz? Welche Unternehmen gehören bereits jetzt zur Bioökonomie und welche Wirtschaftstreiber resultieren daraus? Zur Beantwortung dieser Fragen werden im folgenden Daten zum Umfang der biobasierten Wirtschaft präsentiert. Auf Basis der Ergebnisse lassen sich die Potenzialbranchen und Wertschöpfungspotenziale innerhalb der Reviere identifizieren.


Um Wirtschaftsprozesse bewerten zu können und Klarheit darüber zu schaffen, in welchen Bereichen sich die Bioökonomie verändert, braucht es eine systematische Betrachtung. Das „regionalisierte Monitoring“ ist hierbei ein passendes Untersuchungsinstrument.
Auf Basis der Wirtschaftszweigklassifikation (2008) wird der Umfang der biobasierten Wirtschaft beschrieben ermittelt. In Anlehnung an bisherige Studien [a].  werden dazu die biobasierten Anteile der jeweiligen Wirtschaftszweigklasse mit der gewählten Indikatorgröße (z.B.: Beschäftigung, Umsatz) multipliziert. Zu unterscheiden sind hierbei Wirtschaftszweige, die nur biologische Ressourcen und deren Produkte herstellen, be- oder verarbeiten, diese nutzen oder damit handeln. Diese können der Bioökonomie direkt zugeordnet werden. Dazu zählen der primäre Sektor, die Produktion von Lebensmitteln, Leder, Holzwaren, Papier etc. Daneben gibt es hybride Sektoren, die nicht vollständig biobasiert sind (Abfallwirtschaft, Chemie, Pharmazie, Tourismus etc.).

Regionalisiertes Monitoring: Bioökonomie bietet starke Basis und liegt über Bundesdurchschnitt


» Download: Anteil der Bioökonomie an Unternehmen, Beschäftigung und Umsatz 2018; Abb. Unternehmen [PNG], Beschäftigung [PNG], Umsatz [PNG​​​​​​​] 


Um die Frage zur wirtschaftlichen Bedeutung der biobasierten Wirtschaft beantworten zu können, wurden drei zentrale Indikatoren ausgewählt und betrachtet: die Unternehmensanzahl, die Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten sowie der Umsatz [b]. Betrachtet wurden die Jahre 2018 und 2019.

Die Analysen für das Jahr 2018 (Betrachtung der gesamten Bundesländer) zeigen deutlich, dass die biobasierte Wirtschaft im Vergleich zur Bundesrepublik in den betrachteten Ländern eine große Bedeutung hat. In Thüringen zählen im Minimum ca. 8.000 und in Sachsen im Maximum knapp 20.000 Unternehmen zur biobasierten Wirtschaft. Auch die Beschäftigtenzahlen untermauern die große Bedeutung der Wirtschaftsform. Knapp 90.000 Menschen sind in Brandenburg max. der biobasierten Wirtschaft zuzuordnen, was 10,5% aller Beschäftigten ausmacht. Im Freistaat Sachsen arbeiten mit gut 160.000 Personen sogar fast doppelt so viele Menschen im Bereich der Bioökonomie. Das entspricht einem Anteil von 10 % aller Beschäftigten des Freistaates. Mit Blick auf die Umsatzzahlen ist das Bundesland Sachsen-Anhalt der Spitzenreiter. Der Umsatz hat einen Bioökonomie-Anteil von 16,4 % in der Gesamtwirtschaft. Es folgen Brandenburg, Sachsen und Thüringen. Damit liegen die Anteilswerte der Bioökonomie in den Ländern deutlich über dem bundesdeutschen Schnitt.



» Download: Anteil der Bioökonomie an Unternehmen, Beschäftigung und Umsatz in den Revieren 2019, Abb. Unternehmen [PNG], Beschäftigung [PNG], Umsatz [PNG]



Für das Jahr 2019 liefern die revierbezogenen Zahlen ebenfalls deutliche Ergebnisse. Der Bioökonomie in der Lausitz können etwa 5.200 und in Mitteldeutschland etwa 7.000 Unternehmen zugeordnet werden. Hinsichtlich der Beschäftigten waren im Bereich der Bioökonomie in der Lausitz 47.200 bis 52.800 Personen tätig.  Das sind 11,4 bis 12,8 Prozent aller Beschäftigten. Im Mitteldeutschen Revier sind es 73.800 bis 80.900 Beschäftigte (9,5 bis 10,4 %). Mit Blick auf die Beschäftigungsentwicklung wird deutlich, dass sowohl die Bioökonomie- und die Gesamtbeschäftigung seit 2007 deutlich angestiegen sind.[c] Der Umsatz in den Bioökonomie-Branchen reicht in der Lausitz von 3,9 Mrd. Euro bis 4,3 Mrd. Euro. Im Mitteldeutschen Revier liegen die Umsatzzahlen mit 15,6 bis 16,3 Mrd. Euro deutlich darüber. 

Bezogen auf die einzelnen Wirtschaftszweige weisen die Bundesländer und auch die Reviere neben den gesamtwirtschaftlich bedeutenden Branchen Handel, Verkehr, Gastgewerbe, Information und Kommunikation sowie den sonstigen Dienstleistungen auch in den bioökonomisch-relevanten Branchen Stärken auf. Beispielsweise bilden die Landwirtschaft, Ernährungswirtschaft sowie Gummi-, Kunststoff- und Chemieindustrie wichtige Säulen der Bioökonomie.  Um die Strukturen der regionalen Bioökonomie in den Revieren besser abgrenzen zu können, wurden spezifische Potenzialbranchen ermittelt.




» Download: Bioökonomierelevante Wirtschaftszweige und ihre biobasierten Anteile [PDF]

Wo stehen die Untersuchungsregionen nun mit Blick auf die Bioökonomie?

Über alle Wirtschaftszweige hinweg betrachtet, liegen die Regionen sowohl für den Indikator der Beschäftigtenzahlen als auch für den Umsatz über dem Bundesschnitt. Das lässt auf eine starke bioökonomische Basis in den Untersuchungsregionen schließen – und untermauert die Eignung für die Entwicklung von Modellregionen der Bioökonomie.

Um das bioökonomische Wirtschaftsgeschehen in den Revieren umfassend abbilden zu können, bedarf es detaillierter Analysen. Künftige Betrachtungen werden nach Möglichkeit auch regionsspezifische Anteile für die hybriden Wirtschaftszweige enthalten, die nicht vollständig biobasiert sind. Ferner sollen auch Wirtschaftszweige berücksichtigt werden, welche die (technologische) Basis von Aktivitäten der biobasierten Wirtschaftszweige bilden, wie z.B. die Hersteller von Landmaschinen oder die IT-Branche. Damit wird es möglich, sowohl den direkten als auch den indirekten Umfang der Bioökonomie zu genauer zu bestimmen.








Stand: Januar 2022

Anmerkungen und Quellen

[a]  ↑ Efken, Josef; Banse, Martin; Rothe, Andrea; Dieter, Matthias; Dirksmeyer, Walter; Ebeling, Michael et al. (2012): Volkswirtschaftliche Bedeutung der biobasierten Wirtschaft in Deutschland. Hg. v. Johann Heinrich von Thünen-Institut. Braunschweig (Arbeitsberichte aus der vTI-Agrarökonomie, 7).

 ↑ Iost, Susanne; Labonte, Naemi Tabea; Banse, Martin; Geng, Natalia; Jochem, Dominik Ivar; Schweinle, Jörg et al. (2019): German Bioeconomy: Economic Importance and Concept of Measurement. In: German journal of agricultural economics (GJAE) 68 (4), S. 275–288.

 ↑ Kuosmanen, T.; Kuosmanen, N.; El-Meligi, A.; Ronzon, T.; Gurria, P.; Iost, S.; M'Barek, R. (2020): How big is the bioeconomy? Reflections from an economic perspective. Luxembourg: Publications Office of the European Union (EUR, 30167).

 ↑ Ronzon, Tévécia; Piotrowski, Stephan; M’Barek, Robert; Carus, Michael (2017): A systematic approach to understanding and quantifying the EU’s bioeconomy. In: Bio-Based and Applied Economics 6 (1), S. 1–17.

 ↑ Ronzon, Tévécia; Piotrowski, Stephan; Tamosiunas, Saulius; Dammer, Lara; Carus, Michael; M’Barek, Robert (2020): Developments of Economic Growth and Employment in Bioeconomy Sectors across the EU. In: Sustainability 12 (11), S. 4507.

[b] ↑ Neben der Umsatzsteuerstatistik (Voranmeldungen) wurde auf Daten der Bundesagentur für Arbeit zurückgegriffen.

[c] ↑ Vgl. Brödner, Romy; Graffenberger, Martin; Kropp, Per; Sujata, Uwe (2021): Beschäftigungsstrukturen und Potenziale der Bioökonomie in den deutschen Braunkohlerevieren. Hg. v. Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung. Nürnberg (IAB-Discussion Paper, 14).