Der ressourcenschonende Einsatz von Rohstoffen gewinnt aufgrund klimatischer Veränderungen immer mehr an Bedeutung. Gerade mit Blick auf eine geschlossene Kreislaufwirtschaft ergeben sich im Bereich der forst- und landwirtschaftlichen Nebenprodukte große Potenziale, bisherige Nutzungspfade zu erweitern. Im Vordergrund stehen dabei folgende Fragen: Welche Nebenprodukte fallen in den Revieren an? Unter welchen Voraussetzungen wäre es möglich, diese Nebenprodukte einem neuen Ziel zuzuführen und wann rechnet sich das Ganze für alle?

Aufgrund der in den Landkreisen Görlitz, Nordsachsen und Mansfeld-Südharz ansässigen holzverarbeitenden Betriebe fallen holz- und forstwirtschaftliche Nebenprodukte, wie Rinde, Sägespäne oder Hackschnitzel, überwiegend in diesen Regionen an. Potenzialreserven ergeben sich vor allem im Lausitzer Revier.

Nennenswerte Vorkommen an Rinde, Sägespäne und Co. finden sich in den Landkreisen Görlitz, Nordsachsen und Mansfeld-Südharz


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Bei der Be- und Verarbeitung von Holz in der Sägeindustrie oder der Holzwerkstoffindustrie fallen Nebenprodukte wie Rinde, Sägenebenprodukte (Sägespäne, Schwarten, Spreißel und Hackschnitzel) oder sonstiges Industrierestholz an. Die Höhe des Aufkommens, also das dem Markt potenziell zur Verfügung stehende Holzvolumen, ist abhängig von der Betriebsanzahl, der Kapazität und der eingesetzten Technik der holzverarbeitenden Industrie. So fielen allein im Lausitzer Revier im Jahr 2016 rund 1,0 Mio. m³ und im Mitteldeutschen Revier knapp 0,7 Mio. m³ holz- und fortwirtschaftliche Nebenprodukte an. Das Aufkommen von Rinde und Sägenebenprodukten konzentriert sich überwiegend auf die drei Landkreise Görlitz, Nordsachsen und Mansfeld-Südharz. Dort befinden sich einige der größten Sägewerke Deutschlands.[1] So beträgt beispielsweise der jährliche Einschnitt der HIT Holzindustrie Torgau GmbH & Co. KG in Nordsachsen 1,1 Mio. Festmeter.[2]Die HS Timber Group in Kodersdorf im Landkreis Görlitz berichtet über eine Produktionskapazität von 1,2 Mio. Festmetern pro Jahr.[3]Sonstiges Industrierestholz, das als Restholz in holzverarbeitenden Industrien entsteht, macht in etwa ein Zehntel der Nebenprodukte aus. Es fällt in fast allen Landkreisen in ähnlichen Größenordnungen an, mit den größten Mengen in Bautzen, Görlitz und Mansfeld-Südharz.


Als Datengrundlage zu Holzaufkommen und -verwendung dienen weitestgehend Erhebungen des Projektes „Rohstoffmonitoring Holz“, das im Arbeitsbereich Ökonomie des Zentrums Holzwirtschaft der Universität Hamburg im Zeitraum 2016 bis 2018 durchgeführt wurde. Die Erhebung der Daten erfolgte durch schriftliche und telefonische Befragungen der Holzverbraucher, Branchenteilnehmer und Betriebe.[4] Der Saldo zwischen dem Aufkommen (für Rinde, Sägenebenprodukte, sonstiges Industrieholz und Altholz) und der Verwendung des jeweiligen Holzsortiments ergibt die Ausschöpfung in den Landkreisen.

Vergleich von Aufkommen und Verwendung der holz- und forstwirtschaftlichen Nebenprodukte

Die partielle Holzrohstoffbilanz des Jahres 2016 stellt dem Aufkommen an holz- und forstwirtschaftlichen Nebenprodukten die stoffliche und energetische Verwendung gegenüber. Sowohl im Lausitzer als auch im Mitteldeutschen Revier ergeben sich Reserven. Im Lausitzer Revier gilt dies über alle Sortimente hinweg, im Mitteldeutschen Revier überwiegend für Industrierestholz. Aufgrund der in unmittelbarer Nähe zu den Revieren befindlichen Holzverarbeitern und Entsorgungsbetrieben ist davon auszugehen, dass die verbleibenden Mengen „außerhalb“ der Reviere verarbeitet werden.



» Download: Holzrohstoffbilanz Lausitzer Revier [PDF] | Holzverwendung getrennt nach Sortimenten [Daten]


Während das Aufkommen das dem Markt tatsächlich zur Verfügung stehende Holzvolumen beschreibt, beinhaltet die Verwendung das durch die wesentlichen Holzverbraucher stofflich oder energetisch genutzte Holzvolumen. Rinde wird insgesamt in beiden Revieren durchschnittlich zu je 62 % stofflich und 38 % energetisch genutzt. Während Sägenebenprodukte, wie Sägespäne, Schwarten, Spreißel und Hackschnitzel fast ausschließlich einer stofflichen Verwendung (z.B. Herstellung von Spanplatten) zugeführt werden, befindet sich sonstiges Industrieholz vollständig in energetischen Nutzungspfaden. Insgesamt sticht die Nutzung der Holzsortimente in den Landkreisen Görlitz, Mansfeld-Südharz und Nordsachsen aufgrund der dortigen Sägewerke wieder mengenmäßig hervor.



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Große Getreidestrohpotenziale im Mitteldeutschen Revier

Das Getreidestrohaufkommen in den Revieren ist maßgeblich vom Anbau der wichtigsten Getreidearten in den jeweiligen Landkreisen bestimmt. Die höchsten Aufkommen sind im Mitteldeutschen Revier im Burgenlandkreis, Saalelandkreis und Landkreis Leipzig zu finden. Im Lausitzer Revier sticht der Landkreis Bautzen beim Aufkommen hervor. Der mobilisierbare Anteil des Strohs ergibt sich aus dem Aufkommen abzüglich bereits etablierter Verwendungen wie der Tierhaltung und anderen industriellen Nutzungen. Doch was lässt sich sonst noch mit Stroh machen? Die Vergärung von Getreidestroh ist eine vielversprechende Nutzungsoption. Hierbei wird Biomethan erzeugt, das z.B. als Kraftstoff in Erdgasautos eingesetzt werden kann. Bei der Vergärung werden aufgrund der Rückführung der Gärreste auf die landwirtschaftlichen Flächen zudem landwirtschaftliche Kreisläufe geschlossen[a] Generell gilt, dass es regionaler und wettbewerbsfähiger Biomasseversorgungskonzepte bedarf, um ungenutzte Biomassen zu mobilisieren. Zudem sind stabile Rohstoffpreise eine wesentliche Voraussetzung für den Aufbau regionaler Wertschöpfungsketten.



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Anmerkungen

[a]  Dabei unterliegt der mobilisierbare Anteil der expliziten Nutzungsannahme einer Vergärung von Stroh, sodass in diesem Fall aufgrund der Rückführung der Gärreste bis zu 70 % des Strohs verwertet werden können. Falls andere Verwendungsoptionen diesen Kreislauf nicht ermöglichen, liegt der mobilisierbare Anteil entsprechend niedriger, sodass eine ausreichende Humus- und Kohlenstoffbilanz im Boden gewährleistet werden kann.

Quellen

[1] Holzkurier (Hg.) (2020): Die größten Sägewerke Deutschlands. Einschnitt 2019 abermals gestiegen. Online verfügbar, zuletzt geprüft am 19.09.2022.

[2] HIT Holzindustrie Torgau GmbH & Co. KG (Hg.): 20 Jahre HIT Holz. Jubiläum mit prominenten Gästen. Online verfügbar, zuletzt geprüft am 19.09.2022.

[3] HS Timber Group (2021): Unser Sägewerk in Kodersdorf. Zahlen & Fakten. Hg. v. HS Timber Group GmbH. Online verfügbar, zuletzt geprüft am 19.09.2022.

[4] Mantau, U.; Döring, Przemko; Weimar, H.; Glasenapp, S. (2018): Rohstoffmonitoring Holz. Mengenmäßige Erfassung und Bilanzierung der Holzverwendung in Deutschland. Hg. v. Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR). Gülzow. Online verfügbar, zuletzt geprüft am 19.09.2022.