Die Arbeitsgruppe
In enger Synergie mit den Fragestellungen rund um Vergasungsprozesse, Kraftstoffkomponenten und das dazugehörige Up- und Downstream-Processing stehen in diesem F&E-Schwerpunkt hydrothermale Verfahren als Baustein von Bioraffinerieansätzen im Mittelpunkt und sind Gegenstand theoretischer und experimenteller Untersuchungen.
Fokusthemen der Arbeitsgruppe:
- Untersuchung von Prozessen und Technologien für die hydrothermale Biomassekonversion, insbesondere hydrothermale Carbonisierung (HTC) und hydrothermale Verflüssigung (HTL)
- Biomasseaufschlüsse unter milden hydrothermalen Bedingungen für nachfolgende Prozesse
- Hydrothermale Verfahren als Möglichkeit der Nährstoffrückgewinnung aus biogenen Reststoffen wie Klärschlamm, Gärrest usw.
- Hydrothermal erzeugte Kohlen im Einsatz als Brennstoffe, Adsorptionsmittel oder im Boden
- Produktion von Chemikalien und Kraftstoffvorprodukten mittels hydrothermaler Verfahren
Das Team
Wir sind ein interdisziplinäres Team aus Wissenschaftler:innen und Technikern und immer auf der Suche nach interessierten Partnern. Sprechen Sie uns einfach an!
Hydrothermale Prozesse
Hydrothermale Prozesse (HTP) sind Verfahren zur Veredlung von Biomasse und Reststoffen. Mittels HTP lassen sich stark wasserhaltige Biomassen und biogene Reststoffe unter erhöhtem Druck und erhöhter Temperatur in feste, flüssige oder gasförmige Kohlenstoffträger umwandeln. Die wichtigste Zutat hierfür ist flüssiges Wasser oder Wasserdampf. HTP sind insbesondere für die Veredelung von Biomasse und als innovativer Entsorgungsweg feuchter biogener Reststoffe Gegenstand aktueller Untersuchungen. Sie tragen somit nachhaltig zum Ressourcenschutz bei und sind ein essentieller Baustein der Bioökonomie.
Da mit steigenden Temperaturen und Drücken unterschiedliche Produkte entstehen, unterscheidet man bei hydrothermalen Prozessen zwischen hydrothermaler Carbonisierung (HTC), hydrothermaler Verflüssigung (HTL) und hydrothermaler Vergasung (HTG). Besonders milde hydrothermale Prozesse mit dem Ziel der Chemikalienproduktion werden unter dem Begriff hydrothermale Synthese (HTS) zusammengefasst.
Die Arbeiten am DBFZ konzentrieren sich hauptsächlich auf die Carbonisierung, Verflüssigung und Synthese. Durch den Einsatz zahlreicher Versuchsanlagen konnte bereits eine Vielzahl von Forschungsprojekten erfolgreich bearbeitet werden. Die erworbene Expertise am DBFZ beruht vor allem auf der Nutzung biogener Reststoffe.
Hydrothermale Synthese (HTS)
Während hydrothermalen Prozessen entstehen im Prozesswasser auch biobasierte Grundchemikalien. Durch gezielte Prozessführung lassen sich so wichtige Verbindungen wie 5‑Hydroxymethylfurfural (HMF), Furfural und Lävulinsäure gewinnen. Diese eignen sich zum Beispiel für die Herstellung von Kunststoffen oder dienen als Kraftstoffvorprodukte oder Additive und können fossile Produkte ersetzen. Prozesswässer ohne nennenswerte Konzentrationen spezifischer chemischer Verbindungen können darüber hinaus für die Biogasproduktion genutzt werden.
Hydrothermale Carbonisierung (HTC)
Die hydrothermale Carbonisierung (HTC) wandelt feuchte biogene Reststoffe in sogenannte Hydrokohle um. Der Prozess nutzt dabei die veränderten Eigenschaften flüssigen Wassers bei erhöhten Temperaturen (180–280 °C) und erhöhtem Druck (10–65 bar). Neben der Eigenschaft als Lösungsmittel, fungiert Wasser auch als Reaktionspartner und Wärmeträger.
Biomasse ist reich an chemisch gebundenem Sauerstoff. Während der HTC finden vor allem sogenannte Dehydratisierungsreaktionen statt, bei denen der chemisch gebundene Sauerstoff in Form von Wasser abgespalten wird. Zurück bleibt der in der Biomasse ebenfalls enthaltene Kohlenstoff, jedoch in deutlich erhöhter Konzentration, weswegen man von Kohle sprechen kann.
Die so entstandene Hydrokohle kann für unterschiedliche Anwendungen genutzt werden. Neben der energetischen Nutzung (Verbrennung oder Vergasung) kann sie auch stofflich genutzt werden, z. B. als Aktivkohle oder Bodenhilfsstoff. Bei der Verwertung von nährstoffreichen, biogenen Reststoffen wie Klärschlamm oder Gülle ermöglicht der HTC-Prozess überdies die Rückgewinnung wertvoller Nährstoffe wie Stickstoff und Phosphor. Klärschlamm und tierische Güllen stellen die größte heimische Phosphorquelle für die Landwirtschaft dar, verursachen jedoch durch ihre Ausbringung auf landwirtschaftliche Nutzflächen hohe Stickstoff- und Phosphoremissionen in Gewässer und Luft. Eine Nährstoffrückgewinnung würde helfen Stoffkreisläufe nachhaltig zu schließen und die Umwelt zu schonen.
Hydrothermale Verflüssigung (HTL)
Die hydrothermale Verflüssigung läuft im Vergleich zur HTC bei höheren Temperaturen (250–400 °C) und Drücken (30–250 bar) sowie kürzeren Reaktionszeiten (5–60 min) ab. Durch die deutlich drastischeren Reaktionsbedingungen wird die Biomasse nahezu vollständig verflüssigt. Die verflüssigte Biomasse besteht aus zwei Phasen: einer wässrigen sowie einer öligen Phase, auch Biorohöl genannt. Während die wässrige Phase überwiegend organische Säuren enthält, befinden sich in der öligen Phase unpolare und aromatische Kohlenwasserstoffe. Das Biorohöl kann so in Abhängigkeit vom eingesetzten Ausgangsmaterial einen Brennwert von 30–36 MJ kg–1 erreichen. Jedoch enthält das Öl noch einen Sauerstoffanteil zwischen 10 und 20 %. Durch Entfernung des Sauerstoffs mittels Wasserstoff (Hydrierung) und anschließender Fraktionierung (Rektifikation) kann so das Biorohöl in die verschiedenen Kraftstofffraktionen (Kerosin, Benzin, Diesel etc.) aufbereitet werden.
Hydrothermale Vergasung (HTG)
Bei der hydrothermalen Vergasung kommen noch deutlich drastischere Versuchsbedingungen zum Einsatz. Bei Temperaturen jenseits von 400 °C und Drücken von über 250 bar entsteht je nach Prozessführung ein wasserstoff- oder methanreiches Synthesegas. Dieses Gas kann für weiterführende Prozesse beispielsweise in der chemischen Industrie oder aber als Energieträger genutzt werden. Aufgrund der deutlich größeren apparativen Herausforderungen ist die HTG im Gegensatz zu HTC, HTL und HTS aktuell nicht Untersuchungsgegenstand der Arbeitsgruppe.
Weitere Informationen und Details zu hydrothermalen Prozessen finden sich auf einer entsprechenden Themenseite.
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