Modellierung und Daten

Modellparameter zur Beschreibung der Bioenergie im Energiesystem

Das derzeitige und künftige Energiesystem, in dem Bioenergie und andere erneuerbare und fossile Energieträgern als Erfüllungsoptionen beitragen können, wird im Modell über Parameter beschrieben.

Die Parameterwerte werden Szenarien-spezifisch vom Startjahr 2020 bis 2030 in den Mittelfristszenarien und bis 2050 in den Langfristszenarien festgesetzt. Einige Parameter bleiben über die Zeit und in den verschiedenen Szenarien konstant, andere variieren.

Die Parameterwerte stammen aus verschiedenen Literatur- und Expert*innenquellen.

Bioenergy Technology Database (BET.db)

Im Bereich Bioenergie existieren vielfältige technologische Optionen, um die unterschiedlichen Biomasserohstoffe in den Sektoren Strom, Wärme und Verkehr einzusetzen. Im Wärmesektor besteht zusätzlich die Option diese als hybride Konzepte mit alternativen, erneuerbaren oder fossilen Optionen zu kombinieren. Dieses komplexe Netzwerk aus verschiedenen Entitäten, mit ihren jeweiligen technischen und ökonomischen Kennzahlen wurde im Rahmen des SoBio-Projektes dekonstruiert und mittels einer flexiblen Parametrisierung in einer SQL-basierten Datenbank gebündelt, die Bioenergy Technology Database (BET.db). Diese enthält neben den Bioenergietechnologien auch die Daten zu den genannten konkurrierenden Optionen. Die SQLite-Datenbank ist ein Container-Datenformat, das einfach zu handhaben ist, da es aus einer einzigen Datei besteht und viele Programmiersprachen eine Standard-Zugriffsroutine haben. Die Datenbank ist auf einem ZENODO-Repository verfügbar [DOI: 10.5281/zenodo.7632246].


Die Abbildung zeigt einen Überblick der Designprinzipien der Datenbank in Bezug auf die wichtigsten Entitäten und ihrer Beziehungen zueinander. Für die Analyse in SoBio sind vor allem die Entitäten Versorgung (supply), Prozessketten (process chains) und Xdukte relevant. Xdukt ist ein Neologismus, der alle Arten von Energie oder Materie unabhängig von ihrer Position in Prozessketten umfasst, wobei dasselbe Xdukt je nach Position in der Prozesskette ein Edukt oder ein Produkt sein kann. Prozessketten beschreiben die primären Entitäten für die Umwandlung von Biomasse in verschiedene Endprodukte. Sie können auch als Entwürfe für Technologie-/ Anlagenkonzepte gesehen werden und werden im Rahmen des Projekts als wesentliche Verbindung zwischen den Versorgungsaufgaben bzw. Versorgungskonzepten und den betreffenden Xdukten verwendet. Versorgungsaufgaben (Supply tasks) definieren die Art der Nachfrage nach einem bestimmten Produkt wie Strom oder Wärme. Versorgungskonzepte (Supply concepts) definieren wie die Nachfrage durch verschiedene (hybride) oder zumindest einer Prozesskette erfüllt wird.

Konversionsprozesse (conversion processes) lösen einzelne Prozessschritte innerhalb von Prozessketten detailliert auf. Dieser Detailgrad wurde jedoch in SoBio nicht betrachtet. Die BET.db enthält bisher keine negativen Emissionstechnologien (NET), die Struktur ist jedoch "NET-ready" konzipiert.

 

Das BENOPT-Modell

BenOpt ist ein klassisches lineares Energiesystemoptimierungsmodell, wie es vielfach auf diesem Forschungsgebiet eingesetzt wird. Im Vergleich zu früheren BenOpt-Versionen wurde in SoBio zum ersten Mal das limitierte Biomassepotenzial in Deutschland über alle Energiesektoren (Strom, Wärme, Verkehr) im Wettbewerb mit fossilen und anderen erneuerbaren Optionen optimal allokiert. Das Modell berücksichtigt dabei Rohstoffe, Umwandlungstechnologien, Fahrzeugtypen und detaillierte Nachfragesektoren innerhalb des Wettbewerbs. Die Infrastrukturkosten für Transport-, Strom-, Wärme- oder Wasserstoffnetze werden jedoch nicht berücksichtigt. Ein definiertes Klimaziel, in diesem Fall ein Szenarien- abhängiges Treibhausgas Emissionsbudget, muss als Restriktion erfüllt werden. Der Zeithorizont des BENOPT-Modells beträgt 31 Jahre von 2020 bis 2050, mit einer flexiblen Zeitauflösung (d.h. bis zu einer stündlichen Auflösung im Stromsektor und einer jährlichen Auflösung in anderen Bereichen). Als Programmierumgebung wird GAMS in Kombination mit MATLAB verwendet.

 


Der Wärmesektor wird in Anlehnung an den allgemeinen Ansatz früherer Analysen in 19 Teilsektoren unterteilt. Dabei werden die Sektoren private Haushalte, Gewerbe und Industrie berücksichtigt. Die zukünftige Entwicklung des Wärmebedarfs im Gebäudebereich basiert auf den Ergebnissen des Gebäudebestandsmodells, das die zukünftige Sanierung des deutschen Gebäudebestands in jährlicher Auflösung mit einem agentenbasierten Ansatz modelliert.

Der Verkehrssektor wird weiter in sechs Teilsektoren unterteilt. Für jeden Teilsektor werden mögliche Fahrzeugtypen und ihre spezifischen aktuellen und zukünftigen Wirkungsgrade definiert. Für jeden Fahrzeugtyp konkurrieren technisch realisierbare Kraftstoffarten. Der zukünftige Energiebedarf für den innerstaatlichen und grenzüberschreitenden Verkehr in jedem Teilsektor, aufgeschlüsselt nach Kalenderjahren (2020 bis 2050), wird auf der Grundlage des GreenLate-Szenarios der UBA-RESCUE-Studie ermittelt. Die kostenoptimale zukünftige Entwicklung von Fahrzeugtypen und Kraftstoffen wird modellendogen bestimmt.

Für den Stromsektor gehen wir davon aus, dass Bioenergie nicht konkurrenzfähig zu Energie aus Wind und PV ist. Der Fokus dieser Untersuchung liegt auf der zukünftigen Rolle von Bioenergie, die im Stromsektor in Konkurrenz zu anderen nicht fluktuierenden Energieressourcen steht, um die zukünftige Residuallast zu decken. Um Modellierungsressourcen zu sparen, wird daher die Residuallast für jedes Jahr im Voraus in stündlicher Auflösung berechnet, wobei Batterie- und Wasserspeicher bereits berücksichtigt werden. Dieses Ergebnis wird im Rahmen der Optimierung als Residuallastbedarf angesetzt, der mit 28 technologischen Optionen erfüllt werden kann. Zu den betrachteten Optionen gehört auch die Kraft-Wärme-Kopplung (KWK). Das Wärme-Nebenprodukt jeder KWK-Technologie wird bis zu einem gewissen Grad zur Deckung des Bedarfs im Fernwärmesektor genutzt.

Neben einer detaillierten Darstellung von Energieteilsektoren und möglichen (Hybrid-) Biomassetechnologiekonzepten setzt BenOpt zusätzlich auf eine detaillierte Darstellung der Biomassepotenziale und -preise. Da die verfügbaren Daten zu den Potenzialen nicht immer eindeutig den gleichen Biomasse-Preiskategorien zugeordnet werden können, wurden in BenOpt zwei unterschiedliche Biomasse-Kategorien gebildet: Biomassepotenzialkategorien und Biomassepreiskategorien. Am Beispiel der Biomasse Holz lässt sich dieser Zusammenhang verdeutlichen. Das jährlich verfügbare Potenzial von Waldrestholz ist eine bekannte Größe, aber der Preis hängt von der nachfolgenden Verarbeitungsstufe ab. Hackschnitzel haben einen anderen Preis als Pellets, Briketts oder Stückholz. Neben den inländischen Biomassepotenzialen wird auch Importbiomasse berücksichtigt, allerdings nur für den Verkehrssektor. Bei importierter Biomasse wird davon ausgegangen, dass diese Anlagen im Ausland betrieben werden und die fertigen Biokraftstoffe importiert werden.