ETH-Soil-Ansatz in Sidama nimmt Fahrt auf

01.10.2025

 

Sidama ist eine der fruchtbarsten Agrarregionen Äthiopiens, steht jedoch aufgrund des Klimawandels sowie der zunehmenden Bodendegradation und -versauerung vor großen Herausforderungen. Um der Schädigung der Böden und der daraus resultierenden Ernährungsunsicherheit entgegenzuwirken, fördert das ETH-Soil-Projekt die dezentrale Herstellung und Verwendung von Pflanzenkohle und Kompost aus lokalen landwirtschaftlichen und agroindustriellen Reststoffen. Dies umfasst auch partizipative Feldversuche unter Beteiligung regionaler Behörden, landwirtschaftlicher Beratungsdienste und lokaler Landwirt:innen, die dadurch empowert und und zu mehr Abhängigkeit befähigt werden.

 

Umwandlung ungenutzter Avocadoabfälle in wertvolle Pflanzenkohle

In Sidama fallen große Mengen biogener Abfälle im Avocadoanbau an, sowohl aus dem Baumschnitt auf den Plantagen als auch durch die Verabreitung zu Öl. Diese bleiben derzeit weitestgehend ungenutzt. Durch die Umwandlung in Pflanzenkohle werden diese in eine  wertvolle Ressource verwandelt. Allerdings dürfen die Ausgangsstoffe für die Pflanzenkohleherstellung nur einen einen geringen Wassergehalt aufweisen, damit der Herstellungsprozess reibungslos und ohne übermäßige Emissionen ablaufen kann. Avocadokerne trocknen jedoch nur langsam und beginnen zu faulen, wenn sie in größeren Mengen gelagert werden. Um dieses Problem zu lösen, werden die Avocadokerne zuerst zerkleinert und anschließend getrocknet. Der ursprünglich händische Prozess erwies sich als zu zeitaufwendig, weshalb der Projektpartner ANDRB den Einsatz von Maschinen getestet hat und erfolgreich umgesetzt hat. Im nächsten Schritt sollen diese Technologien auch Kleinbäuer:innen zur Verfügung gestellt werden. 

Darüber hinaus stellen diese ungenutzten Biomassen, deren offene Deponierung auch negative Auswirkungen auf die Umwelt hat, potentielle Brennstoffquellen für innovative Pyrolyse-Kleinkocher dar, wie sie in ETH-Soil entwickelt wurden. Diese Nutzung würde auch zur Reduzierung von Entwaldung beitragen. 



Aufbau von Kompetenzen für die Herstellung pflanzenkohlebasierter Düngemittel

Für die Herstellung von Pflanzenkohle und Kompost eignen sich viele verschiedene Arten von Biomassen, sei es aus landwirtschaftlichen Reststoffen wie Avocadokernen und Schnittgut oder aus invasiven Arten wie Lantana camara, die in Sidama heimische Pflanzenarten verdrängen. Bei der Herstellung von pflanzenkohlebasierten Düngemitteln kommt es jedoch nicht nur auf die richtigen Ausgangsstoffe an, sondern auch auf die richtige Methodik.

Um bei den Landwirt:innen die notwendigen Kompetenzen aufzubauen, hat ETH-Soil im Mai 2025 mit «Train-the-Trainer»-Kursen begonnen. In den Woredas Dale und Dara wurden 20 lokale Multiplikatoren geschult, welche wiederum in der ersten Phase des Projekts 100 Landwirt:innen in 10 Kebeles in der richtigen Bedienung eines Erd-Kontikis unterweisen werden. Die Schulung umfasste die Anlage eines Erd-Kontikis, die Auswahl geeigneter Ausgangsstoffe, sowie die Durchführung des Pyrolyseprozesses bis zur fertigen Pflanzenkohle. Darüber hinaus lernten die Multiplikatoren, wie man die Pflanzenkohle und Kompost zu einem kombinierten Düngemittel weiterverarbeitet und zu guter Letzt, wie man diesen auf den Feldern ausbringt. 

Zur Steigerung der Attraktivität von pflanzenkohlebasierten Düngemitteln wird derzeit ein System eingeführt, das Landwirt:innen für den im Boden gebundenen Kohlenstoff durch den Handel mit Kohlenstoffsenkenzertifikaten finanziell belohnt (nach Global Artisan C-Sink Certification). Zu diesem Zweck wurden 10 Beobachter geschult, die den Zertifizierungsprozess überwachen und dessen Glaubwürdigkeit sicherstellen sollen. Sidama profitiert dabei von der Zusammenarbeit mit den Kolleg:innen der Universität Jimma, die bereits Erfahrungen mit der Zertifizierung gesammelt haben. 



50 Kleinbauern starten Feldversuche mit Pflanzenkohle

Nach erfolgreichen Schulungen unter Anleitung der im Sommer ausgebildeten Multiplikator:innen setzten im September bereits 50 Landwirt:innen pflanzenkohlebasierte Düngemittel aus eigener Produktion auf ihren eigenen Feldern versuchsmäßig ein. Auf insgesamt 2,5 ha vergleichen sie nun die Wirkung des organischen Düngers mit der von kommerziellen NPK-Mineraldüngern. Während das Hauptziel der Versuche ist, den Landwirt:innen einen direkten Eindruck zur Verwendung der pflanzenkohlebasierter Düngemittel zu vermitteln, dienen sie zugleich der wissenschaftlichen Untersuchung der Bodenqualität vor und nach der Anwendung. Ein Hauptaugenmerk liegt dabei auf den Bodennährstoffen und den ph-Wert als Maß fpr die Bodenversauerung. Weitere Bodeneigenschaften sowie die Qualität der Pflanzenkohle und des Komposts werden für alle teilnehmenden Landwirt:innen separat analysiert. 

Die Anwendung von BBF aus lokal verfügbaren, ungenutzten Reststoffen verbessert sowohl die Fruchtbarkeit als auch die Klimaresilienz von Böden, indem z.B. die Wasserhaltekapazität erhöht wird. Die mit der Bodenanwendung verbundene Kohlenstoffsequestrierung, also die Entziehung von CO2 aus der Atmosphäre, und dadurch geleistete Klimadienstleistungen werden durch die Vergabe von Kohlenstoffzertifikaten (Carbon Credits) belohnt. Diese machen sich auch für Kleinbäuer:innen und ihre Communitys bezahlt. Unternehmen, etwa Avcadoexporteure oder Ölpressen, können die Kohlenstoffzertifikate zum Ausgleich von Emissionen bei Produktion und Transport nutzen und dadurch ihren CO2-Fußabdruck reduzieren. Darüberhinaus versprechen lokal produzierte, organische Düngemittel die Abhängigkeit vom internationalen Düngemittelmarkt, der für kleinbäuerliche Haushalte oft zu teuer und nicht direkt zugänglich ist..