ETH-Soil baut Kapazität für nachhaltige Biogasnutzung in Äthiopien auf

14.05.2025

 

Das DBFZ und die Universität Jimma arbeiten im ETH-Soil-Projekt gemeinsam am dauerhaften Aufbau von Kapazitäten im Biogas-Bereich, um in Äthiopien die lokale Düngemittelproduktion aus landwirtschaftlichen Reststoffen zu fördern. Gärreste aus Biogasanlagen können Pflanzenkohle durch Ko-Kompostierung mit Nährstoffen aufladen. Der resultierende pflanzenkohlebasierte Dünger hält pflanzenverfügbare Nährstoffe auch über Perioden anhaltenden Starkregens, ermöglicht es dadurch Bauern höhere Erträge zu erzielen und bindet Kohlenstoff dauerhaft im Boden.

Damit Bodenverbesserung durch die Anwendung von pflanzenkohlebasierten Düngemitteln und die Produktion hochwertiger Gärreste gelingt, müssen Biogasanlagen in Äthiopien korrekt betrieben werden. Vor diesem Hintergrund entwickelten DBFZ-Expert:innen und Partner der Universität Jimma zusammen eine neue Spezialisierung im bereits existierenden Masterprogramm "Sustainable Energy Engineering" am Jimma Institut of Technology (JIT). Zukünftig wird es der Universität Jimma möglich sein, die akademische Ausbildung mit praktischen Lehrgängen in einem geplanten Biogasausbildungszentrum – bestehend aus moderner Biogasanlage und Biogaslabor – zu verbinden. Die Biogasanlage wird die Kantine des JIT mit Biogas zum Kochen versorgen und damit Teile Brennholzes ersetzen, das bisher zum Zubereiten von täglich 6000 Mahlzeiten genutzt wird.

 

Die Biogasexpert:innen von morgen an der Universität Jimma

Die Entwicklung der neuen Spezialisierung im Masterstudiengang „Sustainable Energy Engineering“ begann im Februar 2024, als vier Dozenten des JIT an einer vierwöchigen Studienreise in Deutschland teilnahmen. Die Teilnehmer erhielten unter anderem eine 5-tägige Einführung zu Biogas-Erzeugung durch den Fachverband Biogas in Freising sowie eine Biogasanlagenbetreiberschulung durch das IBBK in Kirchberg. Darüber hinaus fanden Austausche mit der Universität Hohenheim bei Stuttgart, der Universität Rostock, der Technischen Hochschule Ingolstadt und der Hochschule Nordhausen zu deren Curricula-Strukturen und Lehrmethoden statt. Das Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) in Nossen und das Ingenieurbüro AEV Energy in Dresden gaben den Gästen einen Einblick in ihre Schulungs- bzw. Planungstätigkeit.

Mithilfe des dabei erworbenen Wissens und mit Unterstützung der DBFZ-Kolleg:innen wurden seitdem Lehrmaterialien für die vier Module der neuen Bioenergie-Spezialisierung im Master-Studiengang „M.Sc. Sustainable Energy Engineering“ erarbeitet. Diese Spezialisierung wurde erstmals im Wintersemester 2024/25 angeboten und durch ein Stipendium für 14 Studierende aus ETH-Soil-Mitteln unterstützt. Die inhaltliche Weiterentwicklung dieses Studiengangs und die Ausbildung des ersten Jahrgangs wird bis 2026 abgeschlossen.

 



Eröffnungsfeier der Master-Spezialisierung

Die offizielle Eröffnungsfeier der Spezialisierung fand am 5. Dezember 2024 in Addis Abeba statt. Das Hauptziel der Veranstaltung war es, die Aufmerksamkeit für die neue Spezialisierung unter privaten und öffentlichen Stakeholdern im äthiopischen Biogassektor zu erhöhen, da die neu erworbenen Kompetenzen der zukünftigen Absolvent:innen zur Weiterentwicklung der energetischen und landwirtschaftlichen Nutzungsformen von Biogastechnologien beitragen können. In dieser Hinsicht profitierten die Teilnehmenden der Veranstaltung von den Einblicken der Vertreter:innen des Landwirtschafts- sowie Energie- und Wasserministeriums. Neben bereits erreichten Zielen in der Projektdurchführung wurden auch Herausforderungen diskutiert, etwa die technische Entwicklung und Ausstattung von Biogasanlagen in Äthiopien, deren Wartung, sowie die rechtlichen Rahmenbedingungen (Normierung) und die Bedarfe der (akademischen) Aus- und Weiterbildung. Wie der Präsident der Universität Jimma betonte, war die Eröffnungsfeier ein erster Schritt auf dem Weg hin zur Entwicklung einer Plattform für gemeinschaftliches Ausprobieren neuartiger Lösungsansätze in Forschung und Lehre sowie in der Entwicklung innovativer Technologien, die den Bioenergiesektor voranbringen werden.

Über die Eröffnungsfeier berichtete auch der nationale Fernsehsender NBC Ethiopia. Die so erzeugte Aufmerksamkeit für die Initiative trägt dazu bei, Interessengruppen im äthiopischen Biogassektor zu vernetzen. Shewangizaw Werkagegnehu, JIT Industry Linkage and Technology Transfer Director, und Dr. Getachew Eshete Beyenne, ETH-Soil Projektkoordinator in Äthiopien, bekamen die Gelegenheit, die Relevanz der Master-Spezialisierung und der neuen Anlagen am JIT für ein breiteres Publikum zu erläutern. Das Video ist auf unserem LinkedIn-Profil zu finden. 

Auch zukünftige ETH-Soil-Veranstaltungen werden relevante Akteure an einen Tisch bringen, um zirkuläre Ressourcennutzung sowie innovative Technologien für eine nachhaltige landwirtschaftliche Transformation zu befördern. 



Eine moderne Biogasanlage mit Labor für Jimma

ETH-Soil und die Universität Jimma arbeiten gemeinsam mit Awite und AD Solutions an der Planung und am Bau einer modernen Biogasanlage mit einer Aufnahmekapazität von 2 Tonnen pro Tag und einem Biogaslabor mit zehn Arbeitsplätzen für Ausbildung und Forschung. Die räumliche Nähe beider Einheiten ermöglicht eine enge Verzahnung von Wissenschaft und Praxis. Die Anlage ist in das Abfalllogistikkonzept der Universität integriert und wird durch eine Photovoltaikanlage mit Batteriespeicher auch bei Stromausfällen zuverlässig betrieben. Die Schulungsbiogasanlage wurde nach deutschen Standards zur Anlagen- und Arbeitssicherheit geplant und an die klimatischen Bedingungen vor Ort angepasst, um einen langfristigen und zuverlässigen Betrieb zu gewährleisten. Der Komplex wird direkt unterhalb der lokalen Kantine erbaut, welche sowohl das Substrat liefert - Küchenabfälle und Lebensmittelreste - als auch Abnehmerin des zukünftig produzierten Biogases sein wird, basierend auf einem zirkulären und holistischen Nutzungskonzept. Bislang wird vornehmlich auf Holzfeuern gekocht, was sich mit der Verfügbarkeit von Biogas zumindest teilweise ändern soll.

Aktuell wird noch die Zuwegung fertiggestellt, bis Anfang 2026 soll die gesamte Anlage in Betrieb genommen werden. 

Biogasanlage

  • Verwertung von bis zu 2 t täglich anfallender Speise- und Küchenabfälle ohne Nutzungskonkurrenz unter Verwendung des bestehenden Abfalllogistikkonzeptes der Universität, Vermeidung der durch offene Deponierung entstandenen Emissionen
  • Bereitstellung von Kochgas zur Substitution von holzigen Brennstoffen durch eine direkte Gasleitung zur nahegelegenen Kantine
  • Gärreste als Nebenprodukt der Biogasproduktion können zur Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit auf nahegelegenen landwirtschaftlichen Versuchsflächen ausgebracht werden

Biogaslabor

  • Abbildung der gesamten Biogasprozesskette: Substrataufbereitung, Substratcharakterisierung, Ermittlung von Methanerträgen nach VDI 4630, praxisnahe Versuche mittels 6 Rührkessel-Versuchsreaktoren
  • Modularer Aufbau ermöglicht Anpassungsfähigkeit für künftige Forschungsvorhaben
  • PV-Anlage mit Notstrombatteriespeicher sichert dauerhaften Betrieb

 

Das ETH-Soil-Projekt an der Universität Jimma demonstriert, wie innovative Biogastechnologie und praxisnahe Ausbildung zur nachhaltigen Verbesserung der Ernährungssicherheit und Bodenfruchtbarkeit in Äthiopien beitragen können. Die Schulungsbiogasanlage verbindet Forschung, Ausbildung und praktische Anwendung und schafft so einen nachhaltigen Mehrwert für die Region.