Betrugsverdacht bei der THG-Quotenerfüllung

06.05.2025
Bei der Erfüllung der Treibhausgasminderungsquote (THG-Quote) der letzten Jahre in Deutschland bzw. Europa besteht der konkrete Verdacht betrügerischen Handelns. Karin Naumann, Karl-Friedrich Cyffka und Franziska Müller-Langer vom DBFZ haben die Situation in einem aktuellen Hintergrundpapier analysiert.
Zum Kontext:
Die aktuelle Gesetzgebung verpflichtet Unternehmen, die Kraftstoffe in Verkehr bringen, zur Erfüllung einer bestimmten THG-Quote, um Emissionen einzusparen. Diese Quote kann z. B. mithilfe von Biokraftstoffen oder Elektromobilität erfüllt werden und erhöht sich jährlich bis 2030. Es bestehen konkrete Anforderungen in Bezug auf zugrundliegende Rohstoffe und bei Nichterfüllung der Quote werden Ausgleichszahlungen fällig. Bestimmte, sogenannte „fortschrittliche“ Kraftstoffe, werden in der THG-Quote besonders gefördert, indem sie ab einer bestimmten Menge doppelt angerechnet werden dürfen.
Der Druck auf die Unternehmen durch höhere Quoten und die Beschränkung der zulässigen Erfüllungsoptionen steigt, die Nachfrage nach Erfüllungsmöglichkeiten mit niedrigen Kosten und geringen Risiken nimmt zu. Eine Übertragung der eigenen Quotenverpflichtung an Dritte ist grundsätzlich möglich, wodurch sich ein Emissionshandel etabliert hat. Der Preis wird von Angebot und Nachfrage bestimmt und funktioniert nach dem Merit-Order-Prinzip. Einsparungszertifikate werden außerdem durch kommerzielle Anbieter ausgestellt.
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Die Menge an fortschrittlichen Biokraftstoffen in der deutschen THG-Quote steigt rasant. Dieser Anstieg basiert allerdings immer mehr auf Biomassefraktionen aus Industrieabfällen. Insbesondere UCO (Altspeiseöl), aber auch POME (Abwasser aus der Palmölproduktion), waren von 2022 bis 2023 rückläufig. Die Kombination aus dem Überangebot an fortschrittlichen Biokraftstoffen und der vergleichsweise moderaten Erhöhung der THG-Quote ist eine wesentliche Ursache für den anhaltenden Preisverfall im Quotenhandel. Die Quote wird deutlich übererfüllt , somit sinken die Quotenpreise und es erhöht sich der Preisdruck auf Kraftstoffherstellende und Betreibende von Ladeinfrastruktur. Während die THG-Quote eigentlich klimaeffiziente Antriebe und Kraftstoffe sowie deren Produktionskapazitäten in Deutschland bzw. Europa fördern sollte, ist dies nur sehr begrenzt der Fall. Durch den hohen Importanteil der fortschrittlichen Kraftstoffe profitieren vor allem chinesische Unternehmen und die günstigen Erfüllungsoptionen sind ein Vorteil für die Mineralölindustrie.
Die folgende Grafik veranschaulicht die Entwicklung der Jahre 2022 und 2023:

Die Anrechnung von Kraftstoffen aus biogenen Industrieabfällen für die THG-Quote ist unbegrenzt und statistisch kann nicht eindeutig ausgeschlossen werden, dass diese Abfälle zu gewissen Mengen aus der Palmölverarbeitung stammen. Es besteht der Verdacht des Betrugs durch fälschlicherweise doppelte Anrechnung von dafür unzulässigen Kraftstoffen. In Bezug auf einen möglichen Betrug in Verbindung mit Biokraftstoffen aus palmölbasierten Reststoffen und Abfällen gab es bereits seit Anfang 2023 Hinweise seitens verschiedener Stellen an nationale und internationale Akteure. In 2024 wurde auf nationaler Ebene für die Jahre 2025 und 2026 die Anrechnung von Quotenerfüllungen aus den Vorjahren zunächst ausgesetzt sowie seitens der EU-Kommission Antidumpingmaßnahmen für Biodieselimporte aus China eingeführt.
Zu den bestehenden Zweifeln an Stoffströmen, die als POME deklariert und zertifiziert sind, gibt es nun auch eine öffentliche Positionierung aus Indonesien: Nach Angaben des Handelsministeriums übersteigen die Exportmengen an palmölbasierten Reststoffen die in Indonesien plausibel verfügbaren Mengen in den Jahren 2023 und 2024 bei weitem. Ein verbessertes Rohstoffmonitoring auf EU-Ebene, nicht nur für Kraftstoffe, scheint notwendig. Die bald fällige Überarbeitung der THG-Quote sollte genutzt werden, um die gesetzlichen Rahmenbedingungen zunächst auf nationaler Ebene weniger betrugsanfällig zu gestalten.
Weiterführende Informationen finden Sie hier:
- Hintergrundpapier des DBFZ zur Quotenerfüllung
- Evaluationsbericht der Bundesanstalt für Ernährung und Landwirtschaft für 2023.
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