Emissionsfaktor Wasserstoff – Aspekte der THG-Bilanz

Hintergrund

Wasserstoff kann als Produkt, als Energieträger oder als Reaktant in biobasierten Prozessen eine zentrale Rolle im Übergang zu nachhaltigeren Produktionssystemen spielen (Abbildung 1). Ein entscheidender Aspekt dieser Prozesse ist die Betrachtung der Treibhausgasbilanz (THG-Bilanz), denn der Einfluss des Wasserstoffs auf die THG-Bilanz der biobasierten Prozesse variiert je nach Herkunft und Produktionsart erheblich. Neben den Emissionen aus der Produktion des Wasserstoffs können auch die Emissionen der Transport- und Distributionsprozesse (Verdichtung, Wasserstoffverluste über Leckagen etc.) innerhalb der Bereitstellungskette sowie die Klimawirkung von Wasserstoff als indirektes Treibhausgas die Treibhausgasintensität beeinflussen.

Im Folgenden werden diese drei Aspekte näher erläutert.

 

 

THG-Emissionen aus der Wasserstoffproduktion

Wasserstoff kann über unterschiedliche Technologien und Prozesse produziert werden. Wie groß dementsprechend die Bandbreite der THG-Emissionen die mit der Bereitstellung von Wasserstoff verbunden sind ist, zeigt Abbildung 2. Die derzeit relevantesten Verfahren zur Produktion von Wasserstoff, Dampfreformierung und Elektrolyse stellen den wesentlichen Anteil der globalen Wasserstoffproduktion bereit (Quelle DBFZ Report 46). Für die Dampfreformierung können sowohl fossile Energieträger wie Kohle und Erdgas als auch Biogas und Biomethan zum Einsatz kommen.

Die THG-Emissionen werden im Wesentlichen von den THG-Emissionen des Stroms (Elektrolyse) und des gasförmigen Energieträgers (Dampfreformierung) beeinflusst. Die elektrolytische Wasserstofferzeugung unter Nutzung des deutschen Strommix wäre mit den höchsten THG-Emissionen verbunden. Wird für die Elektrolyse erneuerbar erzeugter Strom eingesetzt, so werden mit der Wasserstofferzeugung nahezu Null THG-Emissionen verursacht, wenn infrastrukturelle Aufwendungen für den Bau der Anlagen nicht berücksichtigt werden.

Die Treibhausgasemissionen, die bei der Dampfreformierung von Erdgas zur Herstellung von Wasserstoff entstehen, sind auf mehrere Prozesse zurückzuführen. Zum einen wird Prozessenergie durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe bereitgestellt, wodurch CO₂ freigesetzt wird. Zum anderen findet im eigentlichen Reformierungsverfahren eine Reaktion zwischen Methan – dem Hauptbestandteil von Erdgas – und Wasser statt. Dabei entstehen Wasserstoff sowie Kohlendioxid als Nebenprodukte. Das freigesetzte CO₂ geht direkt in die Emissionsbilanz ein. Zusätzlich müssen auch die Emissionen berücksichtigt werden, die bei der Förderung, Verarbeitung und dem Transport des Erdgases entstehen.

Bei der Dampfreformierung von Biogas zur Wasserstoffproduktion ergeben sich ähnliche Emissionsquellen, allerdings mit einigen wichtigen Unterschieden. Auch hier entstehen bei der Reformierung Wasserstoff und Kohlendioxid. Das biogene CO₂, das dabei freigesetzt wird, wird jedoch nicht in der Klimabilanz erfasst, da angenommen wird, dass es Teil eines natürlichen Kreislaufs ist und somit nicht dauerhaft zur Erhöhung der atmosphärischen CO₂-Konzentration beiträgt. Darüber hinaus entstehen Emissionen bei der Herstellung des Biogases selbst, die ebenfalls in die Gesamtbilanz einfließen.

 

 

Beispielrechnungen für die in Abbildung 1 dargestellten Prozessketten finden sich im Addendum zum Methodenhandbuch "Stoffstromorientierte Bilanzierung der Klimagaseffekte" [Oehmichen et al., under review].

 

Emissionen aus Transporten/Distribution des Wasserstoffs >> Wasserstoffverluste

Der folgende Abschnitt zu den THG-Emissionen bei der Verteilung von Wasserstoff innerhalb Deutschlands basiert auf den Angaben des Fokusheftes „Wasserstoffbereitstellung – Erzeugung und Logistik von grünem Wasserstoff“ (DBFZ Report 46).

Die Verteilung von Wasserstoff kann entweder über Pipelines oder mittels Trailer-Transport erfolgen. Bei letzterem erfolgt der Transport wahlweise in verdichteter oder verflüssigter Form. Für die vorliegende Bilanzierung der damit verbundenen Treibhausgasemissionen wurde angenommen, dass sämtliche logistischen Prozesse wie Zwischenverdichtung sowie das Be- und Entladen mit Strom aus dem deutschen Stromnetz betrieben werden. Die Treibhausgasemissionen des Pipelinetransports hängen maßgeblich von der Emissionsintensität der eingesetzten Stromquelle ab. Im Vergleich zeigt sich, dass der Transport mittels einer Pipeline mit einem Durchmesser von 1016 mm hinsichtlich der Emissionsbilanz deutlich günstiger abschneidet als der Transport über eine Pipeline mit 300 mm Durchmesser (Abbildung 3 (A)).

Im Vergleich zeigt der Pipelinetransport aber geringere Emissionen als der Transport verflüssigten Wasserstoffs per Trailer und deutlich geringere Emissionen als der Transport des verdichteten Wasserstoffs per Trailer. Bei dieser Transportoption sind die direkten Transportemissionen aus der Nutzung fossilen Diesels ursächlich für die hohen THG-Emissionen. Abbildung 3 (B) zeigt die Möglichkeit der Nutzung des Strommix für die Verflüssigung und die anfänglichen Verdichtungsprozesse, was sich insbesondere stark auf die THG-Emissionen der Verteilung des verflüssigten Wasserstoffs per Trailer auswirkt.

 

Klimawirkung von Wasserstoff als indirektes Treibhausgas

Der folgende Abschnitt ist mit Hilfe von Informationen der EPA sowie der Publikation von Sand et al. zusammengestellt worden.  

Die Nutzung von Wasserstoff wird häufig als zukunftsfähige, klimafreundliche Energieoption bezeichnet, da Wasserstoff selbst kein Treibhausgas ist. Dabei wird jedoch teilweise außer Acht gelassen, dass er dennoch eine indirekte Treibhaus- bzw. Klimawirkung haben kann. Wasserstoff reagiert nämlich mit OH-Radikalen und mindert so deren Fähigkeit, Treibhausgase zu reduzieren. Als Folgereaktion kann sich die Konzentration von Methan, Ozon und Wasserdampf in der Atmosphäre erhöhen (UBA, 2022).

Die Freisetzung von Wasserstoff (z. B. durch Leckagen in Produktion, Transport und Nutzung) kann also zu Klimaeffekten führen, obwohl Wasserstoff selbst keinen Kohlenstoff enthält. Seine Klimawirkung ist stark davon abhängig, wo und wie er produziert, transportiert und genutzt wird und welche Emissionen dabei genau entstehen. Der Transport von verflüssigtem Wasserstoff per LKW erzeugt laut iea 2024 (IEA, 2024) beispielsweise höhere Leckagen und somit auch höhere Emissionen als der Transport per Pipeline.

Die Bereitstellung von Wasserstoff per Elektrolyse verursacht keine direkten Emissionen, je nach genutzter Stromquelle können aber trotzdem indirekte Emissionen entstehen. Auch mögliche Verflüssigungs- und Verdichtungsprozesse des Wasserstoffs für den Transport haben Auswirkungen: Hier können Energieverluste von 45-70 % entstehen, die in der Folge die gesamten Treibhausgasemissionen des Endproduktes Wasserstoff um den Faktor 2 bis 3 erhöhen können.

 

 

Uneinigkeit herrscht darüber, welches genaue Treibhausgaspotenzial Wasserstoff besitzt, wenn er in die Atmosphäre gelangt. Das liegt daran, dass seine Klimawirkung nur indirekt über die Erhöhung der Methan- und Ozonwerte, die die Folge der Reaktion von H2 und OH-Radikalen sind, bestimmt werden kann. Auf einen Zeithorizont von 100 Jahren ergeben sich so nach aktueller Studienlage Treibhauspotenziale zwischen 3 und 18 (GWP100 3-18gCO2-äq./kg H2).

Literatur

  1. DBFZ Report 46: Dögnitz, Niels; Hauschild, Stephanie; Cyffka, Karl-Friedrich; Meisel, Kathleen; Dietrich, Sebastian; Müller-Langer, Franziska et al. (2022): Wasserstoff aus Biomasse. Kurzstudie im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft. Leipzig: DBFZ (DBFZ-Report, 46)
  2. Oehmichen, Katja; Majer, Stefan; Thrän, Daniela; Händler, Tina (2025): Wasserstoff in biobasierten Prozessketten - Beispiele zur Bilanzierung der THG-Emissionen im Förderprogramm: Addendum zum Methodenhandbuch "Stoffstromorientierte Bilanzierung der Klimagaseffekte": Begleitforschung Förderbereich "Energetische Biomassenutzung" (DBFZ) ¸ under review
  3. Dietrich, S.; Etzold, H.; Oehmichen, K.; Naumann, N. (2025). Wasserstoffbereitstellung | Erzeugung und Logistik von grünem Wasserstoff. Fokusheft im Projekt Pilot-SBG. Leipzig: DBFZ. 51 S. ISBN: 978-3-949807-34-3. DOI: 10.48480/aqdq-gr59.https://www.dbfz.de/projektseiten/pilot-sbg/publikationen/fokushefte
  4. UBA (2022): Ist Wasserstoff treibhausgasneutral? Stand des Wissens in Bezug auf diffuse Wasserstoffemissionen und ihre Treibhauswirkung; https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/479/dokumente/uba_ist_wasserstoff_treibhausgasneutral.pdf
  5. Sand, M., Skeie, R.B., Sandstad, M. et al. A multi-model assessment of the Global Warming Potential of hydrogen. Commun Earth Environ 4, 203 (2023). https://doi.org/10.1038/s43247-023-00857-8
  6. EPA https://www.epa.gov/ghgemissions/understanding-global-warming-potentials
  7. IEA (2024): Global hydrogen review 2024; https://www.iea.org/reports/global-hydrogen-review-2024

Weiterführende Informationen zum Thema Wasserstoff mit DBFZ Beteiligung

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