Regenerative Kohle aus Klärschlamm

Klärschlamm ist ein kritischer Abfallstoff, der sicher verwertet muss, da er sonst die Umwelt belastet. Durch ein Verfahren, welches den Klärschlamm unter Temperatur und Druck zu einem kohleähnlichen Brennstoff umwandelt, setzt die Düsseldorfer Firma TerraNova Energy GmbH einen neuen kostengünstigen und zukunftsweisenden Weg ein, Klärschlamm nutzbar zu machen. 

Klärschlamm + HTC = Energie + Phosphor - Kosten

Mit dieser einfachen Formel beschreibt das Unternehmen die Vorteile eines innovativen Verfahrens zur Verwertung von Klärschlämmen. HTC steht dabei für hydrothermale Carbonisierung, ein Verfahren mit dem der Prozess der natürlichen Kohleentstehung nachgeahmt wird. Dabei werden die Kohlenstoffanteile des Klärschlamms bei hohen Temperaturen und unter hohem Druck in einen braunkohleartigen Brennstoff umgewandelt. Neben der energetischen Weiterverwertung durch Verbrennung dieser Kohle, können dem Klärschlamm außerdem wertvolle Phosphate entzogen werden, die dann aufbereitet als Düngemittel genutzt werden können.

Das erste europaweite Projekt, in dem Klärschlamm aus sechs verschiedenen Klärwerken in einem HTC-Verfahren in der Praxis verwertet wurde, fand 2010 bis 2012 auf der Zentralkläranlage in Kaiserslautern statt. Dabei konnten in Zusammenarbeit mit verschiedenen Instituten Optimierungen bei der Verfahrenseffizienz und der Nährstoffrückgewinnung erreicht werden.

 


Mit der weltweit ersten großtechnischen HTC-Anlage mit diesem TerraNova® Ultra Verfahren werden im chinesischen Jining seit 2016 jährlich 14.000 Tonnen Klärschlamm der Weiterverwertung zugeführt. Damit können etwa eine halbe Million Einwohner versorgt werden. Mit dem geplanten Ausbau der Anlage soll die Kapazität auf 40.000 Tonnen pro Jahr erhöht werden. 

Klärschlamm – ein Abfallprodukt mit hohen Entsorgungsanforderungen

Bei der Aufbereitung von Abwasser entsteht als Reststoff Klärschlamm. Dieser enthält hohe Anteile an Phosphor- und Stickstoffverbindungen, die auf landwirtschaftlich genutzten Böden oder bei Maßnahmen des Landschaftsbaus als Dünger weitergenutzt werden können. Aus dem Abwasser gelangen allerdings auch Schwermetalle oder organische Verbindungen, wie Rückstände von Pestiziden oder Medikamenten, in den Klärschlamm. Daher ist der Einsatz von Klärschlämmen auf landwirtschaftlich genutzten Böden in Deutschland durch gesetzliche Umweltauflagen (Klärschlammverordnung, Düngemittelverordnung) geregelt. Diese schützen vor zu hohen Schadstoffbelastungen bei der Ausbringung von Klärschlämmen, etwa durch Beschränkungen, Grenzwerte und Nachweispflichten.

Alternativ kann die Entsorgung von Klärschlamm als Sekundärbrennstoff in thermischen Kraftwerken geschehen. Dabei können die wertvollen Phosphor- und Stickstoffanteile jedoch nicht weitergenutzt werden. Darüber hinaus ist die thermische Entsorgung aufgrund langer Transportwege oftmals sehr teuer. Ein Grund dafür ist der üblicherweise sehr hohe Wasseranteil von etwa 75 Prozent im Klärschlamm. Eine Verringerung des Wasseranteils senkt die zu transportierende Masse und damit die Transportkosten.

Für die Kommunen ist die Klärschlammentsorgung bzw. -verwertung daher eine ökologische und ökonomische Herausforderung. In Deutschland werden etwa zwei Drittel des anfallenden Klärschlamms thermisch entsorgt und nur etwa ein Drittel einer weiteren landwirtschaftlichen Nutzung zugeführt.

 


Zunächst wird der Klärschlamm (1) in einem Wärmetauscher (2) erwärmt. Durch Zugabe eines Katalysators wandelt sich der Klärschlamm in einen Kohleschlamm um (3). Dieser wird anschließend über einen weiteren Wärmetauscher (4) wieder abgekühlt und einer Presse (5) zugeführt. In der Presse wird der Kohleschlamm mechanisch entwässert und die Kohle soweit verdichtet, dass ein braunkohleartiger Brennstoff entsteht (6). Dieser Prozess ersetzt die sonst energetisch aufwendige thermische Trocknung durch Verdampfung. Das bei der Pressung abgesonderte Filtrat (7) enthält die wertvollen Pflanzennährstoffe Phosphor und Stickstoff, welche in der Düngung landwirtschaftlich genutzter Flächen weiter verwertet werden können. Das Filtrat kann zudem in der Biogaserzeugung – idealerweise direkt auf dem Klärwerk – eingesetzt werden.

Eine Lösung, die drei Fliegen mit einer Klappe schlägt

Umweltschonend

Durch die Anwendung des TerraNova® Ultra Verfahrens werden die im Klärschlamm enthaltenen organischen Schadstoffe reduziert. Dies wird unter anderem durch die hohen Temperaturen von rund 200 °C und einem Druck von mehr als 20 bar erreicht. Organische Schadstoffe werden damit größtenteils chemisch zerstört und Pathogene, wie etwa multiresistente Keime, abgetötet. Die anorganischen Schadstoffe, wie Schwermetalle, werden dagegen in der Kohle aufkonzentriert. Die so entstandene Kohle hat einen ähnlichen Heizwert wie Braunkohle und kann daher direkt als CO2-neutraler Brennstoff in thermischen Kraftwerken oder zur Deckung des Energiebedarfs von Zementwerken und Müllverbrennungsanlagen verwertet werden. Die restlichen Schadstoffe bleiben mit der Asche zurück und können sicher entsorgt werden.

Das bei der Entwässerung entstehende Filtrat enthält wiederrum die aus dem Klärschlamm gelösten Phosphatverbindungen und kann durch Zugabe von natürlichen Mineralstoffen zu einem Phosphordünger aufbereitet werden. Dieser steht dann als wertvolles Düngemittel für landwirtschaftlich genutzte Böden zur Verfügung. Zusätzlich kann das Filtrat zur Erzeugung von Faulgas genutzt werden, welches idealerweise in der Anlage selbst zur Deckung des Eigenenergiebedarfs verwertet werden kann.

Wirtschaftlich

Die Verwertungskosten liegen unterhalb der Kosten für die konventionelle Entsorgung in thermischen Kraftwerken. Die Wirtschaftlichkeit des Verfahrens ergibt sich dabei durch die deutlich reduzierte Entsorgungsmenge und dem damit einhergehenden geringeren Logistikaufwand. Die Verwertung der zurückgewonnenen Nährstoffe erhöht darüber hinaus die Wirtschaftlichkeit der gesamten Verwertungskette weiter.

Energieeffizient

Bei der direkten Verbrennung von Klärschlamm, wie es bei der konventionellen Entsorgung durchgeführt wird, bedarf es großer Energiemengen, um zunächst das im Schlamm enthaltene Wasser zu verdampfen. Dies führt dazu, dass etwa die gleiche Energiemenge zur Verbrennung aufgebracht werden muss, wie im Klärschlamm überhaupt freigesetzt werden kann. Die mechanische Entwässerung auf bis zu 65 Prozent Trockenmasseanteil ist energetisch wesentlich effizienter. Die entstandene Kohle kann daraufhin je nach Bedarf weiter getrocknet oder direkt effizient verbrannt werden. Bei einer anschließenden Trocknung auf 90 Prozent Trockenmasseanteil ergibt sich am Ende eine positive Energiebilanz der gesamten Verwertungskette mit ca. 425 kWh pro Tonne Klärschlamm.

Durch diese Merkmale wird aus einem Abfallprodukt, dass sich konventionell nur schwer sicher verwerten lässt, ein CO2-neutraler Brennstoff, dessen Nutzung Entsorgungskosten vermeidet und Energie bereitstellt.

 

Das ist smart:

  1. Nachhaltige Rohstoffbasis: Klärschlamm als stets anfallender Abfallstoff ohne Nutzungskonkurrenz oder Problematik zukünftiger Verfügbarkeit
  2. Systembeitrag: Nutzbarmachen eines sonst problematischen Abfallstoffes zur Bereitstellung von Wärme und Strom
  3. Co-Benefits: Reduktion der Entsorgungsmenge um 75 Prozent und Zerstörung organischer Schadstoffe